Veröffentlicht am 10.8.2021
Arthrose gilt heute nicht mehr nur als Verschleißerkrankung, sondern als komplexe Erkrankung des Körpers mit stummen Entzündungen. Arthritis (Gelenkrheuma) beginnt mit einer schweren Entzündung der Gelenkinnenhaut. Beide Erkrankungen der Gelenke haben gemeinsam, dass die zugrunde liegenden Entzündungsprozesse durch Ernährung und Lebensstil entscheidend beeinflussbar sind. Studien beweisen, dass entzündungshemmende Lebensmittel bei beiden Erkrankungen Schmerzen lindern und den Knorpelabbau bei Arthrose verringern können.
Unsere Listen veranschaulichen, welche Entzündungshemmer auf den Speiseplan gehören und welche Entzündungstreiber dagegen besser gestrichen werden sollten.
Pflanzenbasierte Ernährung - oder auch Ernährung mit basischem Fokus - ist der Schlüssel im Kampf gegen Gelenkschmerzen bei chronischen Entzündungen. Ob Getreide, Gemüse, Obst, Nüsse oder Samen - sie alle gelten als entzündungshemmende Lebensmittel und bieten einen hohen Anteil von dem, was Knorpel und Gelenken gut tut:
Selbstverständlich müssen Sie bei einer Ernährungsumstellung nicht zum Veganer werden. Doch eine Einschränkung des hierzulande üblichen hohen Fleischkonsums zugunsten von mehr antientzündlichen Lebensmitteln tut Knorpel und Gelenken spürbar gut.
Auf die richtige Mischung kommt es also an. Eine halbe Portion Gemüse, Salat, Obst oder Pilze pro Mahlzeit ist die ideale Basis, um mit entzündungshemmender Ernährung Schmerz zu lindern.
Reich an Omega-3-Fettsäuren, Vitaminen und sekundären Pflanzenstoffen soll der entzündungshemmende Speisezettel sein. Bildnachweis: AdobeStock/kerdkanno
Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sind beide lebenswichtig für den Organismus. Daher werden sie auch als essenzielle Fettsäuren bezeichnet. Beide müssen über die Ernährung zugeführt werden, da der Körper sie nicht selbst bilden kann. Während die Omega-3-Fettsäuren gefäßerweiternde, entzündungshemmende Wirkung haben, gelten Omega-6-Fettsäuren jedoch als gefäßverengend und entzündungsfördernd.
Entscheidend für unser gesundheitliches Gleichgewicht ist übrigens, wieviel von welcher Fettsäure aufgenommen wird. Ideal wäre ein Verhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren von 3:1. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt hier Verhältnis von 5 : 1, leider liegt dieses jedoch derzeit im Durschnitt eher bei 8 : 1.
Keine Sorge, falls Sie folgende Säuren unter den Inhaltsstoffen eines Lebensmittels finden! Dabei handelt es sich um mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren. Also genau das, was bei Entzündungen gut tut:
Dagegen ist z.B. die Arachidonsäure aus der Gruppe der Omega-6-Fettsäuren besonders stark entzündungsfördernd.
Fetter Seefisch wie Lachs oder Hering ist eine der besten Quellen für Omega-3-Fettsäuren.
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Unser Stoffwechsel verarbeitet die entzündungshemmenden Omega-3-Fettsäuren und die entzündungsfördernden Omega-6-Fettsäuren überdies mit demselben Enzym. Einfach gesagt, bedeutet dies folgendes: Wenn bereits alle Enzyme mit den Omega-6-Fettsäuren beschäftigt sind, nützen auch die ganzen "guten" Omega-3-Fettsäuren nichts. Sie können schlicht nicht verarbeitet werden. Daher macht der erhöhte Verzehr von Omega-3-reichen, antientzündlichen Lebensmitteln nur Sinn, wenn man gleichzeitig die Omega-6-Quellen reduziert.
Einen hohen Anteil an den beiden marinen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA haben Algen oder fettreiche Kaltwasserfische wie Hering, Lachs, Makrele und Thunfisch.
Gute Nachrichten für alle, die keinen Fisch essen: Alpha-Linolensäure aus pflanzlichen Quellen wird im Körper in die beiden Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA umgewandelt. Das heißt, es gibt es eine Alternative zum Verzehr von Fisch. Die entzündungshemmende Alpha-Linolensäure ist u. a. reichlich enthalten in: Leinöl, Hanföl, Walnussöl und Walnüssen sowie in Samen wie Chia-Samen, Leinsamen oder Sesam.
Walnussöl bereichert jeden Salat durch aparten Geschmack und enthält wertvolle Omega-3-Fettsäuren.
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Wenn es darum geht chronischen Entzündungen im Körper entgegenzuwirken, sollte man entzündungsfördernde Lebensmittel möglichst vermeiden. Häufig ist die Arachidonsäure eine der Ursachen für entzündliche Prozesse im Körper. Arachidonsäure ist eine mehrfach ungesättigte Fettsäure aus der Reihe der Omega-6-Fettsäuren und vor allem in Fleisch, tierischen Fetten und Wurstwaren enthalten.
Der Mensch benötigt täglich nur etwa 50 mg Arachidonsäure, durchschnittlich nimmt jeder Bundesbürger allerdings das Vier- bis Achtfache seines Tagesbedarfs auf! Ein Übermaß, das schließlich im Organismus verschiedenste Entzündungskrankheiten wie Rheuma oder Arthritis befeuern kann. Überdies werden niederschwellige Entzündungsprozesse bei Arthrose dadurch ungünstig beeinflusst. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät übrigens dazu, nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche zu essen.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Hauptlieferanten von Arachidonsäure. Vermeiden Sie diese nach Möglichkeiten und bringen Sie dafür mehr der entzündungshemmenden Omega-3-Fettsäure auf den Teller.
Überblick über den Gehalt an Arachidonsäure in ausgewählten tierischen Produkten.
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Besondere Vorsicht gilt bei Produkten, die aus Massentierhaltung stammen, da dort vermehrt Arachidonsäure über Soja und Getreide verfüttert wird.
Gesünder und obendrein besser für das Tierwohl ist Fleisch von Rindern aus Weidehaltung oder Wild. Doch auch hier sollte es nicht mehr als eine Fleischmahlzeit pro Woche sein. Denn nicht nur die entzündungsfördernde Arachidonsäure ist problematisch, sondern auch das tierische Eiweiß. Im Übermaß trägt es durch seine Abbauprodukte ebenfalls zu einer ungesunden Übersäuerung des Körpers bei.
Antientzündliche Lebensmittel: Etwa 50% Gemüse, Salat oder Obst gehören bei jeder Mahlzeit auf Ihren Teller.
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Mit einem hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren punkten:
Eiweiße und langkettige Kohlenhydrate liefern besonders:
Empfehlenswerte Getränke sind:
Zudem haben fermentierte Produkte wie Sauerkraut, Kefir und Naturjoghurt nicht nur einen wohltuenden Einfluss auf die Verdauung, sondern tun dem ganzen Organismus gut.
Ob Avocado, Himbeere, Kräuter oder Knoblauch - es gibt viele einfach Möglichkeiten, den Speiseplan mit gesunden, entzündungshemmenden Lebensmittel zu bereichern.
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Einen hohen Gehalt an Omega-6-Fettsäuren und Arachidonsäure haben neben den bereits beschriebenen tierischen Produkten außerdem:
Lieferanten ungünstiger Kohlenhydrate:
Alkohol und süße Getränke wie:
Kurz gesagt, haben alle Beerensorten, die viele Anthocyane in den wasserlöslichen Farbstoffen von Rot bis Blauschwarz enthalten, eine entzündungshemmende und antioxidative Wirkung. Zudem gelten sie auch antikanzerogen und haben außerdem antimikrobielle und neuroprotektive Eigenschaften.
Beeren und Obst sind nicht nur entzündungshemmend, sondern mit sekundären Pflanzenstoffen, Vitaminen und Ballaststoffen rundherum gesund.
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Besonders reich an antientzündlichen Nährstoffen und Lieferant sekundärer Pflanzenstoffe ist beispielsweise folgendes Obst:
Die Trendbezeichnungen „Superfoods“ und "Sirtfood" kennt man seit geraumer Zeit. Letztere vor allem im Zusammenhang mit der gleichnamigen Diät, mit der die britische Sängerin Adele für Schlagzeilen sorgte. Gemeint sind damit generell Nahrungsmittel, die einen besonders hohen Gehalt an Sirtuin-aktivierenden sekundären Pflanzenstoffen, Vitaminen und Mineralstoffen haben. Sie kommen vor allem in Gemüse, Obst, Gewürzen, Kräutern, Nüssen, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten vor und sind somit Bestandteil unserer täglichen Ernährung.
Neben den primären Inhaltsstoffen wie Kohlenhydraten, Fett und Eiweiß, weisen Pflanzen auch sekundäre Pflanzenstoffe auf. Zwar rechnet sie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) nicht zu den essenziellen Nährstoffen. Dennoch haben sekundäre Pflanzenstoffe vielfältige Auswirkungen auf den menschlichen Stoffwechsel. Sie verleihen Pflanzen zum Beispiel nicht nur Duft, ihre Farbe und Geschmack. Außerdem helfen sie der Pflanze dabei, sich vor Schädlingen und Fressfeinden zu schützen, oder dienen als Lockmittel für die Bestäubung.
Sekundären Pflanzenstoffen werden antioxidative, antimikrobielle, antientzündliche und sogar antikanzerogene Wirkungen zugeschrieben. Daher sollten sie in gesunder Ernährung und erst recht in der entzündungshemmenden Ernährung nicht fehlen. Die Forschung steht hier allerdings noch relativ am Anfang, aber bereits jetzt sind etwa 100 000 sekundäre Pflanzenstoffe bekannt. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) kommen davon 5000 bis 10000 in der menschlichen Ernährung vor.
Um bei dieser Menge also von einer möglichst breiten Vielfalt an sekundären Pflanzenstoffen und ihren positiven Eigenschaften zu profitieren, ist es wichtig, viele verschiedene Obst- und Gemüsesorten zu verzehren. Sorgen Sie regelmäßig für Abwechslung auf dem Teller und wechseln Sie gerne etwas durch.
Grünkohl, entzündungshemmende Vitamin-C-Bombe und Tausendsassa unter den Kohlsorten, wird in der modernen Küche gern in Buddha Bowls verwendet.
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Kurkuma, die leuchtend gelbe Knolle aus Asien, hilft in jeder Form gegen entzündliche Gelenkbeschwerden.
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Ingwer, Zimt und Kurkuma gehören mit Muskat, Kreuzkümmel, Chili und Cumin zu den besten Anti-Arthrose-Gewürzen.
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Gewürze mit entzündungshemmender Wirkung verleihen Ihren Gerichten den gesunden Twist.
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Selbst bei sorgfältiger Zusammenstellung antientzündlicher Lebensmittel werden einige Vitalstoffe über die Ernährung dennoch nur unzureichend aufgenommen. Hierbei werden häufig die drei sogenannten "Knorpelbausteine" genannt:
Es gibt eine Reihe antientzündlicher und knorpelstärkender Nahrungsergänzungsmittel. Sprechen Sie am besten mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin darüber, was für Sie sinnvoll sein könnte.
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Ob Nahrungsergänzung bei Arthrose Sinn machen kann, und wie die unterschiedlichen Stoffe wirken, lesen Sie hier.
Für von rheumatoider Arthritis oder Arthrose Betroffene, die an Übergewicht leiden, ist die antientzündliche Ernährung gleich mehrfach ideal. Denn damit beginnt ein positiver Kreislauf:
Doppelt gut für Gelenke und Darm: der antientzündliche Himbeer-Chicorée-Smoothie.
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Die Ernährungsumstellung auf antientzündliche Kost verringert die niederschwelligen Entzündungen und lindert Schmerzen in den betroffenen Gelenken. Dadurch erlangen Sie die für gesunde Gelenke und Knorpel notwendige Beweglichkeit wieder zurück.
Klinische Studien zeigen, dass nach drei Monaten eine deutliche Besserung eintritt. Schwellungen in den betroffenen Gelenken gehen zurück, die dadurch verursachten Gelenkschmerzen werden besser. Infolgedessen kann die Gabe von Schmerzmitteln von Rheumatolog:innen reduziert werden.
Veröffentlicht am 10.8.2021
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… begleitet VITALISSIMO als freie Redakteurin seit April 2021.