Veröffentlicht am 02.9.2021
Epigallocatechingallat (kurz EGCG), ein Wirkstoff des Grünen Tees, ist bekannt als die Wunderwaffe gegen entzündliche Prozesse im Körper. Bei Gelenkschmerzen durch Arthrose oder Arthritis wird Grüntee daher von Ernährungsexperten besonders empfohlen. Seine Wirkstoffe, die Catechine, zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen und besitzen antientzündliche Wirkung. Zudem sollen sogar in der Lage sein Entzündungen in Knorpelzellen zu hemmen. Obendrein hat Grüntee antivirale und antibakterielle Wirkung und stärkt dadurch auch das Immunsystem insgesamt.
Grüner Tee steht an der Spitze der „Top Five Stoffe der Langlebigkeit“ von Experte Professor Michael Ristow. Im Gespräch mit Nina Ruge bei den Recherchen für ihren Band "Verjüngung ist möglich" begründet er, warum:
"Ohne Evidenz im Menschen finde ich es sehr schwierig, etwas auf eine Top-Five-Liste zu setzen und damit zu empfehlen. Beim grünen Tee ist diese Evidenz ziemlich eindeutig. Menschen, die regelmäßig grünen Tee trinken, bleiben gesünder und leben länger. Was allerdings fehlt, ist eine kontrollierte Studie, das heißt, die Studienteilnehmer nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen einzuteilen und dann zu messen: Wer ist nach sechs Jahren gesünder? Die Gruppe mit grünem Tee oder die ohne? Solche Studien werden für neue Medikamente in der Pharmaindustrie sinnvollerweise durchgeführt, aber für Nahrungsergänzungsmittel oder gar für Nahrungsmittel ist das eigentlich nicht vorstellbar, weil das niemand finanziert.
Deshalb müssen wir immer im Hinterkopf haben: Selbst epidemiologische Studien, bei denen man Hunderttausende Menschen beobachtet und feststellt 'Jene, die grünen Tee trinken, leben länger und sind gesünder', liefern keinen hundertprozentigen Beweis für die Wirksamkeit von grünem Tee."
Grüntee wird aus den unfermentierten Blättern der Teepflanze (Camellia sinensis) hergestellt.
Bildnachweis: iStock/ElenaMirage
Es gibt viele Sorten von Grüntee, die meisten davon kommen aus Japan oder China. Sencha oder Matcha-Tee zählen zu den bekanntesten Teesorten Japans. Teekennern ist der berühmte Longjing-Tee ("Drachenbrunnen-Tee") von den Plantagen um die Metropole Hangzhou Begriff und Qualitätsmerkmal zugleich.
Ob Grüner Tee, Schwarztee oder weißer Tee - alle Tees, die aus Blättern der Teepflanze (Camellia sinensis) gewonnen werden, enthalten Koffein, ebenso wie Kaffee. Der Inhaltsstoff, oftmals auch als "Teein" in Bezug auf Tees verwendet, ist in chemischer Hinsicht übrigens identisch mit dem Koffein des Kaffees. Daher auch die anregende Wirkung von Tee. Jedoch enthält Tee pro Tasse in der Regel deutlich weniger Koffein als eine Tasse Kaffee.
Wenn es um die positive Wirkung von Grüntee auf die Gesundheit geht, schreibt man diese vor allem den im Tee enthaltenen Catechinen zu. Dies sind sekundäre Pflanzenstoffe, unter denen das Epigallocatechingallat (EGCG) die Mehrheit aller Catechine darstellt. Für den typischen Geschmack von Grünem Tee sind seine Gerbstoffe, die Tannine, verantwortlich.
Außerdem punktet Grüntee mit Vitaminen (A, B, B2 und B3), Mineralien und Spurenelementen. Er enthält Kalzium, Kalium, Magnesium, Kupfer und auch Fluorid. Zudem findet sich im grünen Tee die Aminosäure L-Theanin mit blutdrucksenkender, beruhigender und entspannender Wirkung.
Teeplantagen bei Sonnenaufgang.
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Professor Ristow hat die gesundheitsfördernde Wirkung von Grüntee selbst genau untersucht. Grüner Tee sei "extrem gesund", lobt er. Denn er bestehe zu 40 bis 50 Prozent aus einem einzigen Polyphenol, dem EGCG (Epigallocatechingallat). In schwarzem Tee sei wegen der Fermentation deutlich weniger enthalten. Wenn beispielsweise Milch in grünen Tee gegeben wird, sinke der EGCG-Gehalt ebenfalls.
Sehen wir uns diese Wirksamkeit des EGCG von grünem Tee doch einmal genauer an. Grüner Tee wird im asiatischen Raum seit über 4000 Jahren konsumiert. Die positive Wirkung des darin vorkommenden Epigallocatechingallats auf Langlebigkeit konnte zumindest in epidemiologischen Studien nachgewiesen werden:
Demnach wirkt Grüntee sich folgendermaßen positiv aus:
Beruhigender Genuss: Eine Pause mit einer Tasse Grünen Tees ist gesund und wohltuend für Körper und Seele.
Bildnachweis: iStock/skynesher
Man mag sich nun die Frage stellen, ob es nicht gesünder sei, den Wirkstoff des Grünen Tees als Konzentrat in Form von Tabletten einzunehmen, zumal man so das Risiko einer Pestizidbelastung des Tees umgehen könnte. Nina Ruge verweist in ihrem Buch "Verjüngung ist möglich" auf neuere Studien, die zeigen dass handelsübliche EGCG-Präparate oft eine zu hohe Konzentration an Epigallocatechingallat enthalten und daher als gesundheitsschädlich gelten.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hält eine Tagesdosis von maximal 800 Milligramm an EGCG für tolerabel. Eine japanische Studie zeigte nun aber, dass bei täglicher Einnahme von rund 300 Milligramm bereits ein deutlicher Blutdruckanstieg zu verzeichnen war. Sogar schwere Leberschädigungen werden beschrieben.
Also kann das Fazit nur lauten: Die Menge an EGCG beim Trinken von Grüntee in üblichem Rahmen scheint in Ordnung zu sein und sich positiv auf die Gesundheit auszuwirken. EGCG als Nahrungsergänzungsmittel in höherer Dosierung zu nehmen, ist jedoch nicht zu empfehlen.
Folgendes ist in diesem Zusammenhang noch interessant: EGCG hat wie alle Polyphenole eine schlechte Bioverfügbarkeit. Doch es scheint einige "Aufnahmehilfen" zu geben, nämlich Vitamin C, Omega-3-Fettsäuren und kalkarmes Wasser. Zudem gibt es einige "Blockierer" wie Sauerstoff, wenn Teeblätter offen lagern oder aufgebrühter Grüner Tee lange steht. Auch kalkhaltiges Wasser und die Einnahme von Magnesiumtabletten scheinen die Bioverfügbarkeit der wertvollen Catechine zu verringern.
In Professor Ristows Worten: "Gerne literweise Tee, aber keine Tabletten!"
Es scheint gesünder zu sein Grüntee zu trinken als Präparate mit seinem Wirkstoff einzunehmen. Entschleunigender ist es allemal! Bildnachweis: iStock/skynesher
Nina Ruge ist Journalistin und Autorin populärwissenschaftlicher Bücher zu Themen aus Forschung und Wissenschaft und studierte Biologin. Zu Beginn ihrer Karriere trat sie als Nachrichtenmoderatorin in Erscheinung, später folgten eine eigene Nachrichtensendung und ein Gesellschaftsmagazin. Nina Ruge moderiert Veranstaltungen zu Technologie-, Wissenschafts- und finanzpolitischen Themen und ist UNICEF-Botschafterin Deutschlands.
Dr. Dr. Michael Ristow ist ein deutscher Internist und Wissenschaftler, der als Professor für Energiestoffwechsel an der ETH Zürich lehrt. Sein Forschungsgebiet ist der mitochondriale Stoffwechsel und dessen Bedeutung für die allgemeine Alterung, sowie der Entstehung von altersassoziierten Krankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2, Übergewicht und Krebs.
Veröffentlicht am 02.9.2021
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… begleitet VITALISSIMO als freie Redakteurin seit April 2021.